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"Do laachs do dich kabott, dat nennt ma Cämping,
do laachs do dich kabott, dat find ma schien,
wenn em Zelt die Mécke un die Hummele dich fafjécke
un dou kanns dann net erous em Rän."
Frei nach dem Kölschen Karnevalsschlager von Karl Berbuer aus dem Jahr 1954
Das Camping lernten die Moselaner Mitte der fünfziger Jahre näher kennen. Es kam zu ihnen die Mosel herunter und fand dann am Ufer direkt vor den Dörfern und Städtchen statt – fortan Sommer für Sommer. Plötzlich kamen sie in Scharen, ganze Geschwader von Faltbooten, jeweils besetzt mit zwei Paddlern. Sie waren meist per Bahn mit ihren in Gepäckstücke zerlegten Booten an die Obermosel oder zur Saar gereist, um dann die Flussfahrt zu Tal anzutreten. Wir Kinder sahen sie schon von weitem kommen, sobald sie an der Flussbiegung auftauchten. Wer von ihnen würde wohl in Zell anlanden? Manche der Paddler setzten zum Landemanöver an, ja, um spätnachmittags beizeiten für die Nacht das Zelt aufzuschlagen. Einige Camper kamen auch zu Lande, mit dem Fahrrad, mit dem Motorroller, mit dem Kleinwagen.
Es war damals wohl die neue Art, das Wochenende oder die Urlaubszeit zu genießen – für viele vielleicht zum ersten Mal im Leben. Camping wurde so sehr zur Mode, dass die Städte und Gemeinden gehalten waren, bei offensichtlichem Bedarf offizielle Campingplätze anzulegen, um das „wilde“ Zelten einzuschränken. Dabei war in Deutschland die Campingbewegung noch etwas im Verzug. So gab es etwa in Frankreich damals mehr als 3000 offizielle Campingplätze – etwa das Zehnfache dessen, was in Deutschland die Statistik für das Jahr 1954 auswies. Gleichwohl zeichnete sich auch hierzulande der Trend zum Zelturlaub deutlich ab, und der Kölner Schlagerdichter und Sänger Karl Berbuer konnte im selben Jahr einen Hit auf die neue Freiluftbewegung landen.
Platzwarte hatten für Ordnung zu sorgen. In einigen Bundesländern gab es sogar eine Polizeianweisung für die Kontrolle von Sauberkeit und Disziplin auf den Zeltplätzen. So schrieb die amtliche Zeltplatzordnung vor, dass Jugendliche unter 21 Jahren nicht ohne Begleitung Erwachsener zelten durften.
Natürlich fehlte es auch damals nicht an Stimmen, die gegen das Camping wetterten. Naturfreunde und Zoologen bangten um die Tierwelt rings um die Lager. Die Gewerbevereine erhoben Protest im Namen der Gastwirtschaften, Hotels und Pensionen, die sich schon brotlos sahen. Die Sorgen waren unbegründet. Es stellte sich heraus, dass Ortschaften mit Campingplätzen gute Geschäfte mit den Campern machen konnten.
Revolutionäres Sanitär
Aber zurück nach Zell, wo zu jener Zeit gerade der neue Campingplatz zwischen dem Güterbahnhof der Moseltalbahn und dem Moselufer eröffnet worden war. Seine bauliche Substanz bildete im Wesentlichen eine Toilettenanlage, das für die Stadt wohl kostspieligste Objekt auf dem Platz. Sie bestand aus einer grün gestrichenen Holzbaracke als Gehäuse für die obligatorischen, jeweils mit „Männer“ und „Frauen“ bezeichneten zwei Örtlichkeiten. Wir Kinder erhaschten in unserer Neugier vor der Inbetriebnahme natürlich einen Blick ins Innere. Als geradezu revolutionär neu empfanden wir das darin eingebaute Sanitär in einer Form, wie wir sie bisher noch nie gesehen hatten: statt der gewohnten porzellanenen „Sitzgelegenheiten“ gab es je Nasszelle eine flache, weiß emaillierte, in den Betonfußboden einzementierte rechteckige niedrige Wanne. Der Benutzer wusste sogleich dank der leicht erhöht ausgebildeten Fußpodeste, wo er sich für die Geschäftserledigung hinzustellen bzw. je nach Art der Notdurft hinzuhocken hatte, um zielsicher das am hinteren Rand der Platte befindliche Abflussloch zu treffen. Es war immerhin mit einer Wasserspülung versehen. Für uns Kinder gab das genug Gesprächsstoff und war für uns auch Anlass zu gewissen pantomimischen Verrenkungen.
Raspa – nie gehört
Zu der Toilettenbaracke hatte die Stadtverwaltung auch eine Waschgelegenheit (mit frischer Luft und fließend kaltem Wasser) spendiert: zwei weiß emaillierte rechteckige Blechbecken, die außen an der Wand der Toilettenanlage verschraubt waren. Ein Brett darüber diente als Ablage, und etwas höher gab es sogar zwei Spiegel. Auf der anderen Seite der Toilettenbaracke hatte der Platzwart in einer Art Anbau seine Loge – ein älterer Herr, der mit einer Armbinde für jedermann erkenntlich die zuständige Autorität für die Einhaltung von Recht und Ordnung darstellte, und der auch das amtliche Gästebuch führte. Auf dem Fensterbrett bot er Erfrischungsgetränke an. Ein Fläschchen davon enthielt eine Limonade der Marke Raspa – ein für uns vorher nie gehörter Name, aus dem wir sogleich den Spottnamen für den Alten bildeten - fortan nannten wir ihn Raspopa.
Und dann nahmen wir natürlich die Camper in Augenschein. Die mit dem Paddelboot Angekommenen bauten sich in der Regel kleine Zweimannzelte auf; wesentliches Zubehör waren die meist noch mit dem Munde aufzublasenden Luftmatratzen; wenige Camper verfügten über fußbediente Blasebälge. Manche dieser Luftmatratzen waren mit drei Luftkammern versehen und ließen sich so in Sesselform falten. Im Gegensatz zu den campenden Paddlern, die in ihren Faltbooten nur über begrenzten Stauraum verfügten, hatten die wenigen, mit eigenem Auto angekommenen Gäste nicht nur größere Zelte. Sie konnten auch den Luxus genießen, ihre auf Benzinkochern zubereiteten Mahlzeiten auf winzigen Klappstühlchen und an kleinen Tischchen sitzend einzunehmen.
Camping war 1954 in Deutschland noch ein neuer Sport, und nur wenige Jahre später war das Zelten bereits populär. Auf den damaligen Campingplätzen wird vor den Moselorten heute aber so gut wie nicht mehr gezeltet. Jetzt parken dort die Wohnwagenanhänger und die Wohnmobile.
Hubert Clemens
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Hintergrundfoto: Arne Houben, RMV-Rhein-Mosel-Verlag, Zell (Mosel), www.r-m-v.de/